Corona-Tagebuch
von Holger Tuttas



Montag, 5. April 2021

Die Dummheit mancher Mitbürger - Teil 2
ein paar Warnungen und Ideen ...


Es ist zwischenzeitlich mega-in auf der Regierung rumzuhacken und es vergeht kaum ein Tag an dem mir nicht mindestens ein Schwätzer begegnet, der alles besser weiß und natürlich auch alles besser machen würde als die Regierung mit all ihren wissenschaftlichen Beratern …

Was all die Typen leider nicht kapieren wollen oder können: die Auswirkungen von Corona und entsprechend wissenschaftliche Erkenntnisse ändern sich mitunter täglich. Es ist also völlig logisch, dass Entscheidungen der Regierung, die gestern noch durchaus sinnvoll erschienen, heute, aufgrund neuester Entwicklungen und Erkenntnisse, möglicherweise bereits wieder völlig unsinnig sein können. Dafür kann aber dann eben die Regierung rein gar nichts.

Jede Entscheidung, die die Regierung Corona-bedingt treffen muss, wird zwangsläufig mindestens einem Lager nicht gefallen. Werden Maßnahmen gelockert, beschweren sich die einen warum die bösen Politiker Oma und Opa sterben lassen. Werden die Maßnahmen verschärft, beklagen sich die anderen, dass ihre Existenz bedroht ist. Schafft die Bundesregierung landeseinheitliche Regelungen, beschweren sich die einen warum in einer Region mit einer Inzidenz von unter 30 die gleichen Maßnahmen gelten sollen wie in einer Region mit einer Inzidenz von über 150. Schafft die Bundesregierung daraufhin individuelle Regelungen für einzelne Gebiete, jammern wiederum die nächsten, wie man angesichts der vielen unterschiedlichen Regelungen denn noch blicken soll, was man wo machen darf und fordern wieder einheitliche Regelungen.

Genauso verhielt es sich bisher bei Schulschließungen. Wenn die Regierung die Schulen geschlossen hat schrieen die einen "unsere Kinder brauchen Bildung". Hat die Regierung die Schulen wieder geöffnet schrieen die anderen: "ihr müsst unsere Kinder schützen und die Schulen schließen!" ...

Der Corona-bedingte Unmut der Menschen ist für die Oppositions-Parteien im Super-Wahljahr 2021 ein wahrer Segen. Denn je länger die Krise andauert, desto unzufriedener werden die Menschen. Und jede sich als falsch herausstellende Entscheidung der Regierung wird von der politischen Opposition – egal welcher Couleur – genüsslich ausgeschlachtet und für eigene Zwecke (populistisch) missbraucht.

Auch die Staatschefs von Autokratien im Ausland nehmen jede Corona-betreffende Fehlentscheidung freiheitlich demokratischer Regierungen wie der unseren gerne zum Anlass für die Überlegenheit ihrer eigenen mehr oder weniger diktatorisch geführten Herrschaftssysteme in Pandemiezeiten zu werben. Werbung, die sehr wahrscheinlich von nicht wenigen einfach gestrickteren Gemütern in unseren westlichen Demokratien gehört und die Tendenz nach Rechtsaußen in der Bevölkerung weiter verschlimmern wird. Es ist zwischenzeitlich kein Geheimnis mehr, dass einige Autokraten Organisationen (sog. Trollfabriken) betreiben, deren alleinige Aufgabe es ist die Frustrierten der freiheitlichen demokratischen Länder im Internet in ihren Foren aufzusuchen und sie in ihrem Unmut und ihrer Wut auf alles und jeden nach Kräften zu bestärken. Wir hatten den wütenden Mob fast im Reichstag und in den USA hat er erfolgreich das Kongressgebäude gestürmt; wir dürfen weder die steigende Zahl der Frustrierten noch die Gefahr deren Manipulation aus dem Ausland unterschätzen!

Erschreckend finde ich auch die Wirtschafts-Hörigkeit, bzw. die Unempfindlichkeit und das Wegsehen der Menschen gegenüber allen Fauxpas, die sich die Wirtschaft leistet. Als bekannt wurde, dass es nicht genug Impfstoff gibt, schimpften alle sofort über die böse Regierung. Laut Volkes Meinung haben die’s wieder mal nicht im Griff. Wie damals bei der Bankenkrise oder beim stets hochaktuellen Thema „Datenschutz“ gab es soweit ich weiß wieder niemanden, der sich mal bei den oder über die eigentlich Verantwortlichen, die Unternehmen, beschwerte. Dass Pharmakonzerne ihre vertraglich vereinbarten Liefermengen nicht einhalten (oder lieber Vertragsstrafen in Kauf nehmen und andere, besser bezahlende Länder beliefern), interessiert niemanden. Schuld ist allein immer nur die Regierung.

Ich teile die Meinung unseres Bundespräsidenten: unsere Regierung macht ihren Job vielleicht nicht besser, sicher aber auch nicht schlechter als andere Regierungen (sowas in der Art sagte er in seiner Osteransprache). Zumal das Regieren im Jahr 2021 eine echte Herkulesaufgabe ist: ein Land muss regiert, eine Pandemie muss bewältigt, die Wirtschaft muss vor der Pleite geschützt und die Demokratie muss verteidigt werden. Ach ja, und um Wählerstimmen muss nebenbei auch gekämpft werden, denn schließlich möchte man ja auch an der Macht bleiben …

Statt sich also immer über die böse Regierung zu echauffieren, sollten sich meine lieben Mitbürger*innen – meiner Meinung nach – lieber an die eigene Nase fassen (schrieb ich das nicht im Mai 2020 schon mal? Egal. Doppelt kann nicht schaden). Oder um JFK zu zitieren: „frage nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern frage was Du für Dein Land tun kannst“.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Anfang letzten Jahres konnte man in allen Medien die mit Särgen bepackten Militärlaster durch Italien fahren sehen. Die Bilder aus New York waren ähnlich schlimm. Fast wöchentlich sieht man im Fernsehen Menschen die in Bauchlage in Intensivstationen um ihr Leben kämpfen. Man sieht und hört überall Ärzte und Hilfskräfte die fast am Ende ihrer Kräfte sind und vor einer Überfüllung der Intensivstationen – eben auch bei uns! – warnen. Trotzdem gehen Tausende von Menschen, jegliche Sicherheitsmaßnahmen wie Atemschutz und Mindestabstand ignorierend, auf die Straße und jammern dass die böse Regierung ihre Grundrechte beschneiden würde. Dass sie mit Ihrem rücksichtslosen Verhalten Tausende andere Menschen gefährden, sehen sie nicht oder wollen sie nicht sehen. Wie blöd kann/muss man eigentlich sein?

Auch vergeht keine Woche, in der ich nicht mindestens einen Menschen im Supermarkt energisch darauf aufmerksam machen muss, er möge doch bitte Abstand halten. Und dieses Phänomen des Nichtabstandhaltens ist keineswegs bildungsabhängig. Die Situation erlebe ich immer wieder sowohl mit einfach gestrickten Menschen im Billig-Discounter als auch mit „Bildungsbürgern“ im Biomarkt.

Auch wenn ich unsere Spielplätze anschaue, kann ich nur den Kopf schütteln. An schönen sonnigen Tagen sind diese rappelvoll. Eltern stehen fröhlich plaudernd beisammen und Kinder, eben noch schmusend bei einem rennen gleich darauf zum nächsten. Auch hier wie in den Supermärkten: Abstand? Keine Spur. Corona? Scheißegal.

An Weihnachten wurden in den Mittelgebirgen in vielen Regionen die Zufahrtsstraßen gesperrt, weil der Andrang dort zu groß wurde. Auch ich war an Weihnachten oft im Schwarzwald. Es war für mich überhaupt kein Problem einen ganzen Tag im Schwarzwald wandern zu gehen und in dieser Zeit maximal fünf Menschen zu begegnen. Warum aber müssen viele Menschen ausgerechnet dort hin, wo alle sind? Ich kapier‘s nicht und werde es vermutlich auch nie kapieren.

Unfassbar viele Menschen - egal welchen Bildungsstandes - verhalten sich nach wie vor so, als gäbe es keine Bedrohung. Wie kann das sein?

Die einzige Erklärung die ich habe, ist, dass die Ignoranz der Menschen das traurige Ergebnis der seit nunmehr drei Jahrzehnten stattfindenden Gehirnwäsche durch die Kommerz-Medien mit Slogans wie "Hauptsache Ihr habt Spaß!" ist. Das Ganze unterstützt durch die sich zwischenzeitlich durchgesetze grün-liberale Philosophie "Leben und leben lassen". In unserer Spaßgesellschaft mischt man sich nicht in das Leben anderer ein, darf dafür dann aber umgekehrt selbst auch tun und lassen, was man will. Und was man will ist vor allem Spaß und eine Optimierung des eigenen Vorteils. Rücksichtnahme auf andere dagegen interessiert fast keinen mehr.

Im Prinzip ist es einfach: wären die Menschen disziplinierter und würden das Problem Corona endlich ernst nehmen, müssten die Regierungen keine harten Lockdowns anordnen. Dieses Prinzip wollen die meisten Menschen aber nicht wahrhaben, denn dann müssten sie sich ja selbst freiwillig einschränken und Einschränkung ist für eine Spaßgesellschaft natürlich ein No-Go.

Was also noch tun um auch die Dümmsten zu überzeugen? Vielleicht sollten die Regierungen wie damals bei Zigaretten jetzt auch bei Corona vorgehen: wenn die Menschen zu dumm sind, eine Gefahr zu begreifen, dann muss man ihnen diese Gefahr eben begreiflich machen. Auf Zigarettenschachteln sind die Gefahren des Rauchens in drastischen Bildern dargestellt: Raucherbeine, verkrebste Lungen, usw… Machen wir es doch bei Corona genauso: senden wir rund um die Uhr (und verpflichten auch die Kommerz-Sender dazu!) Filmchen, die überfüllte Intensivstationen zeigen, Menschen, die um ihr Leben kämpfen, weinende Kinder am Totenbett der an Corona verstorbenen Omi, massenhaft Särge abtransportierende Militärfahrzeuge wie in Italien und Massengräber für Corona-Tote wie in Brasilien.

Wenn dann noch im Internet Youtube seine Tipps und Empfehlungen ändert – Filmchen mit Berichten von Jugendlichen, die an Post-Corona-Langzeitsymptomen leiden statt "stylisher" Trends überdrehter "Influencer" –, dann könnte es vielleicht gelingen zumindest den einen oder anderen Corona-Ignoranten doch noch zum Nach- oder Umdenken zu bewegen.









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